„Im Unterschied zur Gegenwart sind wir in der Konstruktion des Vorstellens immer selbst der Horizont in dem die Wirklichkeit erscheint.“
aus: Der Raum. Prolegomena zu einer Architektur des gelebten Raumes, Franz Xaver Baier
Andrea
Freiberg zerlegt Orte mit der Schere und erzeugt Leerstellen in Situ
und im Kontext realer Orte: Fotografien einer abgebrannten
Fleischereifabrik in Danzig, ein stillgelegter Bauhof im Münsterland und ein Wohnhaus im Umbau. Entschleunigte Räume, Orte, welche gegen
den Strom unseres eingerichteten, funktionalen Lebensalltags
schwimmen, fehlerhaft und unwirklich, sind Auslöser ihrer
künstlerischen Feldforschung. Die Bilder
bezeugen die Spuren des Verfalls und gleichzeitig werden die
beginnenden Prozesse der Umwertung und Vereinnahmung durch Mensch und
Natur sichtbar. Durch die Zerschneidung der zweidimensionalen Fotografien und die Schichtung in die dritte Dimension entsteht eine neue Choreografie des Raumes, ein Remix zwischen Wahrheit und Fiktion. Fehlstellen in den Szenen evozieren subjektive Erwartungen und Assoziationen.
"silence exile" stop motion, 9:55 min https://youtu.be/dAzLHKGWgD4
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aus der Serie „space
cut“ entleerte Bilder, fotoprints auf MDF, 2018
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Das variable Raumsystem der Koffer-Installation gleicht dem eines Spielfeldes. Anlass ist der verkleinerte Nachbau (Maßstab 1:10) eines real existierenden Innenraumes des ehemaligen Industriegebäudes „Altes Brauhaus“ aus dem späten 19. Jhd. in Siegen-Geisweid.
Der „Kofferraum“ ist eine temporäre Rauminstallation. Die partizipative Performance des Bausystems richtet sich auf ein Ereignis hin und greift wesentliche Merkmale von Lebenswirklichkeit, wie Mobilität, Aufbruch und Wandel in einer abstrakten Modellwirklichkeit auf.
Aus unterschiedlichen Perspektiven verändern sich die Größenordnungen und Raumverhältnisse, so wie Orte, Dinge und Beziehungen im historischen Wechsel der Systeme und Umgebungen an Bedeutung verlieren oder gewinnen.
Stationen: 2001 Siegen, ehem. Kaufhaus KERBER „Kunstwechsel IV“ Vorstellung 2003 Köln, KunstWerk e.V. „raumkontakt“ interaktive Aufstellung 2003 Siegen, ESG Galerie „auf wieder sehen“ Abschiedsaufstellung 2003 Warschau, Kulturfabrik Norblin „ BRONORBLIN“ Raumbewahrung 2004 Gdańsk, Długi Targ „Tischgespräch“ Interview mit deutschen Touristen zur aktuellen Stunde (3.5.04) 2004 Gdańsk, stocznia (Werft) „Vor der Pforte” Raumfrage 2005 Messe Düsseldorf, Große Kunstausstellung NRW, Dokumentation im White Cube 2008 Friedrichstr. 42, Siegen „jamais vu“ temporäre Installationen, Performance mit Publikumsbeteiligung
Das 160 cm hohe Architekturmodell gibt im Maßstab 1:33 die Struktur einer Fabrikhalle der ehemaligen Walzengießerei ROLAND in Siegen wieder.
Der Innenraum des Architekturmodells entspricht einer Grundfläche von 527 m² mit der Höhe bis zu 8,54 m in der Realität. Durch einen flacheren Anbau wurde die ehemalige Außenwand der Fabrikhalle zur Trennwand zweier Räumlichkeiten mit zwei großen Durchgängen. So kann man sich zwei parallel verlaufende Gangformen vorstellen, die längs durch die Mittelwand getrennt und durch zwei torartige Öffnungen gleichzeitig verbunden sind.
Die unter einer Plexiglashaube konservierte verkleinerte Fabrik spiegelt eine dem realen Ort innewohnende geheimnisvolle Atmosphäre wieder. Aus unterschiedlichen Perspektiven verändern sich die Raumeindrücke projizierter Imagination in der Verlassenheit. Durch kleine Öffnungen sind Lichtzeichnungen an den Innenwänden zu sehen, die den Raum geometrisch durchschneiden. Die transparente Haube reflektiert den Außenraum im Inneren.
Verlassene Orte und Gebäude im Umbruch sind ihrem eigentlichen Gebrauch enthoben und entfremdet. In diesem seltsamen Schwebezustand der Umwertung bildet sich eine besondere Atmosphäre für neue Vorstellungen zwischen Sein und Schein.